Renaissance für die Gewerkschaften?

Gewerkschaften gelten in der öffentlichen Wahrnehmung als dahin siechende Auslaufmodelle des untergegangenen Industriezeitalters. Vielen in der CDU/CSU und FDP gelten und galten sie gar als Bremser der wirtschaftlichen Erneuerung denen man am Besten schnellsten das Genick brechen sollte.Zugleich verloren die Gewerkschaften über die letzten 15-20 Jahre derart Massiv an Mitgliedern, dass ihr endgültiger Untergang Nur noch eine Frage der Zeit schien.

Umso überraschender erscheint da die Meldung des Spiegel, dass Verdi und die IG Metall erstmals seit langer Zeit wieder Mitglieder hinzugewinnen. Demnach Standen 2008 bei Verdi 123.077 Eintritten nur rund 104.000 Austritte gegenüber was immerhin einen Netto Zugewinn von 19.000 Mitgliedern macht.

Gut sieht es laut Spiegel auch bei der IG Metall aus, die besonders viele Leiharbeiter für sich gewann, hier fehlen mir allerdings konkrete Zahlen.Sicherlich kann man aus diesen Zahlen keine generelle Renaissance der Gewerkschaften ableiten, eine interessante Momentaufnahme sind sie aber dennoch.

Begrüßenswert und Folgerichtig finde ich dabei insbesondere die Strategie der IG Metall vor allem unter Leiharbeitern für sich zu werben. Nur so geht es.Die Gewerkschaften können nur dann wieder an Unterstützung gewinnen wenn sie sich auch für die Schwachen auf dem Arbeitsmarkt einsetzen und auch Arbeitslose mit in den Blick nehmen. Schließlich schlummern hier Mitgliederpotenziale wenn es gelingt durch kluge Verhandlungsführung Arbeitsplätze zu schaffen.

Andererseits bin ich der Meinung das die Gewerkschaften ihre Gangart deutlich verschärfen müssen um mehr für ihre Mitglieder herauszuholen. Dabei ist es natürlich eine schwierige Gratwanderung auf der einen Seite die Tarifauseinandersetzung zu verschärfen, andererseits aber etwas für Arbeitslose zu erreichen. Meiner Meinung nach muss dieser versuch aber gemacht werden. Zu oft sind Gewerkschaften in der Vergangenheit als Tieger gestartet und als Bettvorleger gelandet. Man denke nur an die IG Metall die mit 8% in die Verhandlung ging und am Ende mit knapp vier heraus kam und das auch noch über eine lange Laufzeit gestreckt.

Der Frankfurter Politologe Joachim Hirsch hat die Soziale Marktwirtschaft einmal als einen Klassenkompromiss zwischen Arbeit und Kapital bezeichnet. Dieser ist aber spätestens ab 1983 von der Kapitalseite aufgekündigt worden. Sie betreibt seit 25 Jahren einen Neoliberalen Klassenkampf von Oben. Wenn man die Kreuzbraven Gewerkschaften so beobachtet hat man den Eindruck als konnten oder wollten sie das nicht begreifen.

Selbst jetzt wo das Versagen des Neoliberalismus offensichtlich wird lasen sie sich quasi Widerstandslos in die konstatierte Aktion der Kanzlerin einbinden und lassen sich auf das wenig glaubwürdige Angebot der Arbeitgeber ein 2009 auf betriebsbedingte Kündigungen zu verzichten. Diese Offerte kann wenn überhaupt nur für fest Angestellte gelten, den Leiharbeitern hilft sie nicht. Ergo fällt man der Klientel bei der man zugewinne verzeichnet in den Rücken.

Zusammenfassend halte ich ein erstarken der Gewerkschaften für nicht ausgeschlossen. Voraussetzung ist aber für mich eine neue Politik die das Verhältnis zwischen Radikalität und Pragmatismus neu aus zu tarieren sucht Ich würde sie mit den Schlagworten so radikal wie möglich, so pragmatisch wie nötig umschreiben. Hier steht den Gewerkschaften sicher noch ein schwieriger Weg bevor,gelingt er aber könnten sie ihre Krise überwinden.
Henning |

1 Kommentar:

  1. Sehr interessanter Beitrag, der einige zentrale Herausforderung der Gewerkschaften/ArbeiterInnenbewegung gut auf den Punkt bringt.
    Mir gefällt natürlich besonders der Ausdruck "Klassenkampf von oben", den ich dem Artikel in meinem Kommentar anfügen wollte, aber da hast du schon ganze Arbeit geleistet ;)

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