Wo die Grüne Bewegung hin will


Seit über einem Halben Jahr hält sich die Grüne Bewegung im Iran nun trotz massiver Repression aufrecht. Auch wenn zu lesen ist ,dass die Grüne Bewegung bei den Heutigen Feiern zum 31. Jahrestag der Islamischen Republik den Regime treuen Demonstranten unterlegen war, wird sie wohl weiter nicht aufgeben und weitermachen. Das ist gut so und ich drücke ihr alle Daumen!

Doof ist hingegen das man einfach nicht weiß wo die Grüne Bewegung am Ende eigentlich hin will. Liegt am Ende der Reise eine Säkulare Republik? Will man eine weitgehend entschärfte Islamische Republik? oder würden am Ende sogar eine Absetzung Chameneis und Ahmadineschads schon genügen?

Auf dieser Programmatischen Ebene  tut sich nun endlich etwas, den der Montazeri-Schüler Mohsen Kadivar,der Journalist Akbar Gandji, der Philosoph Abdolkarim Soroush, Abolali Bazargan, Sohn des ersten Präsidenten der Islamischen Republik,sowie Ataollah Mohadscherani Kultusminister unter Präsident Chatami haben eine Erklärung der Iranischen Intellektuellen Verfasst.

Diese Gibt zumindest darüber Aufschluss, dass die Führung der Grünen Bewegung keine blutige Revolution will, sondern klar auf eine demokratische Interpretation und Reform der bestehenden Verfassung setzen, wobei die Theokratischen Institutionen in reformierter Form weiter bestehen sollen. Bei Quantara findet sich ein schönes Interview mit Mohsen Kadivar, in dem er die Erklärung erläutert.Dort werden auch die Kernaussagen der Erklärung genannt, die wie schon angedeutet wenig revolutionär sind. Konkret wird folgendes verlangt: 

  •  Rücktritt Ahmadinedschads und Neuwahlen unter Aufsicht unabhängigerOrgane und der Bildung einer unabhängigen Wahlkommission, dieMitglieder der Opposition einschließt.

  • Freilassung aller politischer Gefangene und Untersuchung aller Fällevon vermuteter Folter und Vergewaltigung durch ein öffentliches undfaires Gerichtsverfahren.

  • Pressefreiheit und vollständige Aufhebung der Zensur

  • Akzeptanz des Rechts auf freie Aktivität für alle politischen Parteien,die Studenten- und Frauenbewegungen, die NGOs und des Rechts auffriedliche Versammlung und Protest.

  • Unabhängigkeit der Universitäten. Zudem müssen alle bewaffnetenEinheiten die Universitäten verlassen und der Rat für Kulturrevolution abgeschafft werden.

  • Strafrechtliche Verfolgung jener, die in Folter und Morde verwickelt sind, vor allem während der letzten Monate.
  •  Herstellung einer unabhängigen Justiz, indem deren Führung gewählt wird und ungesetzliche Sondergerichtshöfe abgeschafft werden.
  •  Entfernung des Sicherheitsapparates und der bewaffneten Einheiten aus der politischen, ökonomischen und kulturellen Sphäre.
  • Wahrung der finanziellen und politischen Unabhängigkeit der Geistlichkeit und Verhinderung ihrer Verstaatlichung.

  • Wahl und Begrenzung der Amtszeit aller hochrangigen Amtsträger. Sie müssen Rechenschaft ablegen und sich der Kritik stellen.
Vieles aus der Erklärung liest sich sehr gut, und würde für die Iraner und Iranerinnen in der Tat ein großes Mehr an Freiheit bedeuten. Interessant finde ich den Ansatz die Theokratischen Institutionen nicht abzuschaffen, sondern strikt der Volkssouveränität zu unterwerfen. Wenn Wächterrat und Oberster Rechtsgelehrter tatsächlich gewählt würden,führte dies zu einer Veränderung ihrer Funktion. Sie wären dann offener, da auch liberale Rechtsgelehrte die Position erobern könnten, und  ihrem Wesen nach eher eine Art demokratisch kontrolliertes Verfassungsgericht  bzw. Staatsoberhaupt. Wichtig ist auch die Forderung nach einer Auflösung der Millizstrukturen an den Universitäten. Dies würde die Revolutionsgarden im Innern entmachten, und  die Entmilitarisierung der Gesellschaft bedeuten.

Das Vorgehen Kadivars, die Verfassung anders auszulegen und zu reformieren ist ein schlaues Manöver, da sich die Grüne Bewegung damit weniger Angreifbar macht. Sie kann nun ihre Treue zur Islamischen Republik betonen, und im Gegenteil der herrschenden Elite vorwerfen sie habe mit ihrer autoritären Interpretation ihrerseits den Geist der Revolution verraten.Die Zeit wird Zeigen ob sie damit Erfolg haben wird oder sich das System in seiner jetzigen Form wieder stabilisiert.

Ich persönlich würde ja eine säkulare Republik anstreben, doch vielleicht braucht der Iran für den späteren Übergang zur Demokratie zunächst ein Modell wie Kadivar es vorschlägt.        

3 Kommentare:

  1. Alles schön und gut, aber Henning, wieso bist du der Meinung, dass der Iran mittelfristig eine Demokratie (ich nehme mal an, dass du Demokratie westlicher Prägung meinst) werden wird?

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  2. Nun Ich gehe da von einigen Prämissen aus:

    1. Gibt es schon eine historische Entwicklungslinie die darauf hinweist das es so kommen konnte. So Hatte der Iran bereits ab 1905 und damii 15 Jahre vor Deutschland ein im Kern westlich-demokratische Verfassung, die damals noch in eine konstitutionelle Monarchie eingebunden war.

    Zweitens gibt es die These das Mittelschichten, die bei Wirtschaftlichem Aufschwung automatisch entstehen,und die es im Heutigen Iran natürlich auch gibt früher oder später nach Demokratie streben,den autokratische Staatsklassen hindern sie an ihrem weiteren Gesellschaftlichen Aufstieg.

    In Autokratisch laizistischen Staaten wie Ägypten sammeln sich diese Mittelschichten dann in Islamistischen Parteien, da nur der Rückgriff auf den Islam in der Politischen Arena Erfolg verspricht. Die Losung solcher Bewegungen war dann in der Vergangenheit häufig der Islam ist die Lösung!

    In Staaten die Experimente mit Islam als Politisches Ordnungsprinzip gemacht haben, oder es schwere Bürgerkriegsähnliche Auseinandersetzungen darum gab, wie im Iran,oder Algerien setzt sich aber langsam die Erkenntnis durch das der Islam eben nicht die Lösung ist. Das Ergebnis sind dann Unruhen wie im Iran, oder Parteien wie die AKP in der Türkei,oder die Islamic Action Front in Jordanien, die sich am Politischen Prozess in den Halbdemokratien des Nahen Ostens beteiligen und ihre Forderungen demokratisch artikulieren.In der Türkei führt das ja sogar dazu das die Bösen Islamisten von der AKP Programmatisch und von ihrem Diskurs her viel demokratischer drauf sind als die Kemalisten.

    Zusammenfassend meine These ist das die islamischen Gesellschaften der Region zwangsläufig durch eine islamistische Phase gehen müssen ehe sich dann Demokratie durchsetzt.Ob das jetzt 1:1 eine Demokratie westlicher Prägung sein wird bleibt dabei offen.Auch ein Modell wie es Kadivar vorschlägt, das ja in Richtung einer Mischung aus Theokratie und Rätedemokratie geht wäre ja schon ein großer Fortschritt.

    Ich persönlich würde ja sogar sagen das es Demokratie in Nahost wenn überhaupt erst gibt wenn das Öl alle ist, da vorher die ganze Rentierstaatliche Struktur Demokratie zu sehr erschwert.

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  3. Hmm, ich bin mir jedenfalls nicht sicher, wohin der Weg führt. Fakt ist, das das was derzeit im Iran geschieht, nicht mit den Menschenrechten zu vereinbaren ist, und ich fürchte das es zu noch zu sehr heftigen Unruhen kommen wird, aber was danach kommt ...
    Bin mir wirklich nicht sicher

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