Wenn man in diesem Land behindert ist, so gibt es eine Vielzahl einzelner Leistungen.Blinde bekommen ein in den meisten Bundesländern üppiges Blindengeld, welches sogar von der Anrechnung auf Hartz 4 ausgenommen wird.Manche, aber längst nicht alle Sehbehinderte bekommen ein allerdings sehr viel niedrigeres sogenanntes Sehbehindertengeld. Es gibt außerdem Gehörlosengeld und noch viele andere Leistungen,die aber abgesehen vom Blinden und Sehbehindertengeld fast immer Einkommensabhängig gewährt werden. Nachteilsausgleiche qua Behinderung,also gewissermaßen als soziales Grundrecht, statt letztlich als Leistung der Sozialhilfe sind abgesehen von den oben genannten Fällen selten.
Ich selber bekomme zum Beispiel derzeit zwei unterschiedliche Leistungen. Als ich noch studierte, waren es sogar drei verschiedene. Es besteht also keineswegs das Problem, dass es für Schwerbehinderte in diesem Land keine Hilfen gebe. Eine interessante Frage ist es allerdings, ob man diese Hilfen nicht anders, das heißt unbürokratischer und da und dort vielleicht auch gerechter organisieren konnte.
Die Behindertenbeauftragten der Länder und des Bundes haben da eine
interessante Idee. Sie wollen ein sogenanntes Teilhabegeld einführen. Dieses soll sich je nach Grad der Behinderung auf 150-1100 € belaufen. Ich persönlich fände diese Idee gut, denn sie würde sicher sehr viel Bürokratie abbauen. Will man als Betroffener heute etwas beantragen, muss man sich durch hochkomplizierte Formulare Kämpfen, und wenn der medizinische Dienst ins Spiel kommt muss man ach noch äußerst taktisch agieren, und sich am Besten hilfloser inszenieren als man ist, um am Ende das zu erhalten was man tatsächlich braucht.
Dennoch bin ich was die Erfolgschancen dieser Idee angeht eher Skeptisch und zwar aus
zwei drei Gründen:
1. Die Idee soziale Unterstützung ohne Prüfung der ökonomischen Bedürftigkeit auszuschütten ist in Deutschland ziemlich wenig akzeptiert. Stets wird zuerst der Sozialbetrug vermutet. Ob es da dem Deutschen Michel zu vermitteln ist, dass jemand aufgrund eines amtlich festgestellten Grads der Behinderung unabhängig von Einkommen und Vermögen gefördert wird?Andererseits gibt es ja längst Leistungen die nichts mit dem Vermögen zu tun haben. Das gilt nicht nur für das Blindegeld, sondern vor allem für das Kinder oder das Betreuungsgeld. Wenn es also vermittelbar ist, das jemand für die Kindererziehung eine Pauschale erhält, warum sollte es dann unmöglich sein, eine Pauschale zum Ausgleich von durch eine Behinderung entstehenden Nachteilen zu vermitteln? Nun kommen wir aber zum Zweiten Punkt der mich eher skeptisch stimmt und wahrscheinlich das größere Problem für die Umsetzung der Idee ist.
2. Das Teilhabegeld würde einen Paradigmenwechsel bedeuten, der sicher auch eine Umverteilung innerhalb der Gruppe der Betroffenen bedeuten würde. Das heißt heute bereits gut versorgte Gruppen wie zum Beispiel Blinde müssten unter Umständen Teile ihres Besitzstandes zugunsten heute schlechter gestellter Gruppen abgeben.Ob die Blindenverbände hierzu bereit wären darf aus meiner Sicht bezweifelt werden.
3. Dürfte es verflixt knifflig werden festzulegen, wer welche summe bekommt. Wie stark beinträchtigt muss man den sein um 1100€ zu bekommen, und am anderen Ende der Skala welcher Defekt berechtigt lediglich zu 150€. Ich befürchte zur Feststellung dieser Differenzen müsste dann doch wieder eine Aufwendiges Verfahren erfunden werden, womit der Abbau der Bürokratie für die Katz wäre.
Dennoch haben die Behindertenbeauftragten mit ihrer sogenannten Düsseldorfer Erklärung einen spannenden Denkanstoß in die weitere Behinderten und Sozialpolitische Debatte gebracht, Ich vermute das Thema wird diese Gesellschaft noch lange beschäftigen, schließlich will auch noch eine UN-Konvention für die Rechte Behinderter Menschen wenigstens langfristig in Gänze umgesetzt werden.