Freitag, 3. März 2006
Streik im Öffentlichen Dienst oder was sind schon 18 Minuten?!
Warum Ich auf Seiten der Streikenden Stehe
Seit mittlerweile 4 Wochen streikt der öffentliche Dienst in diesem Land. Hier im beschaulichen Marburg ist davon zwar noch nichts zu spüren,aber es soll ja sehr dreckige Großstädte geben. Mich als politisch interessierten beschäftigt dieses Thema natürlich, zumal ich mich als Politisch Links, tendenziell pro gewerkschaftlich und globalisierungskritisch begreife.Sehen wir uns also diesen Streik etwas genauer an: Vordergründig geht es um längere Arbeitszeiten nämlich 40 statt 38,5 Stundenwoche Dies Streitfrage ist für Verdi nur schwer innerhalb der Gesellschaft vermittelbar, schließlich arbeitet eine wachsende Zahl Menschen weit über 40 Stunden, und will deshalb nicht einsehen weshalb sich Verdi wegen 18 Minuten mehr Pro tag so anstellen. Für Verdi geht es allerdings um mehr:
1.Verteidigen sie eine Errungenschaft für die Jahrzehnte gekämpft worden war. Deshalb hat diese Frage für Die Gewerkschaftsseite nicht nur eine ökonomische, schließlich soll der Mehrarbeit nicht bezahlt werden, sondern auch einen hohen symbolischen Gehalt.
2.Kommt bei diesem Streik ein hohes Potenzial an Frustration bei den Arbeitnehmern zum Tragen,den sie haben seit etlichen Jahren nur noch minimale Lohnsteigerungen hinnehmen müssen, oder sogar Realeinkommen einbüßten. Überdies mussten sie feststellen,dass die ihnen seit etwa 10 Jahren aufgezwungene Lohnzurückhaltung weder die Lage der öffentlichen Hand noch ihre Lage verbessert hat.
3.Befürchtet Verdi wahrscheinlich zurecht weitern Stellenabbau
4.Schließlich benötigt Verdi für die Stabilisierung der eigenen Organisation dringend ein Erfolg den in den ersten 5 Jahren ihres Bestehens sind Verdi mehrer Hunderttausend Mitglieder davongelaufen, und dieser Trend hält weiter an. Nur ein Erfolg der jetzigen Streikbewegung kann diesen Trend möglicherweise abschwächen oder stoppen. Nicht zuletzt wegen der eigenen Krise darf Verdi also nicht zuviel Boden verlieren um die verbliebene Basis nicht weiter zu schwächen.
Alles in allem also sehr schwierige Voraussetzungen für eine Einigung, denn die Arbeitgeberseite verweist ja durchaus zu recht auf die katastrophale Kassenlage des Staates. In gewisser Weise kämpfen hier also Not gegen Elend. Das Nun aber die Arbeitgeber als Reaktion auf den Arbeitskampf mit Privatisierung drohen, und den Eindruck zu erzeugen versuchen,dass es letztlich Schuld der Streikenden sei wenn jetzt privatisiert würde, ist billig und muss meiner Meinung nach scharf zurückgewiesen werden. Auch hier wieder aus mehreren Gründen:
1.wirft es ein bezeichnendes Licht auf die Gesellschaft wie wenig das kooperative Modell der sozialen Marktwirtschaft, in dem Tarifautonomie und Streiks essenziell sind noch in den Köpfen verankert ist, wenn Arbeitgeber nun das Legitime Recht auf Arbeitskampf durch Privatisierung zu unterhöhlen suchen.
2.Zeigt die Schrumpfung der Löhne überall nicht nur im öffentlichen Dienst wie sehr die Idee des Fordismus ,also das Ideal das der Arbeiter der etwas herstellt möglichst auch in der Lage sein soll es selbst zu konsumieren auf dem Rückzug ist.
3.Hat die Privatisierung im öffentlichen Raum ohnehin längst begonnen, ist der Glaube an die Allmacht des Marktes, und daran das sich privat alles besser und billiger machen lässt doch zentrales Element der immer noch herrschenden Neoliberalen Hegemonie. Diese Privatisierungswelle umfasst längst nicht mehr die Frage ob es denn Sinn machen würde Müllabfuhren zu Privatisieren, sondern reicht viel weiter. Es geht mittlerweile längst um den Verkauf öffentlicher Krankenhäuser, Universitätskliniken, oder auch ganzer Wassernetze. Damit geht es an den Kernbereich Stattlicher Daseinsführsorge gerade wenn man sich das Beispiel Wasser ansieht. Ist eine Privatisierung Problematisch und führt außerdem meist zu steigenden Preisen bei niedrigerer Qualität wie diverse Beispiele in der Dritten Welt zeigen.
So ich will jetzt aber nicht vollends in ein Grundlagenreferat über die Globalisierung abschweifen sondern wieder zum Streik kommen. Was aus meinen Ausführungen hoffentlich klar geworden ist, ist das den Streikenden vor diesem Hintergrund unmöglich die Schuld an Privatisierungen zugeschoben werden kann. Bevor ich nun gleich zu meinem Fazit komme und Diejenigen denen das alles hier zu Theoretisches Geschwafel ist erlöse, muss ich noch auf ein Drittes Großes Problem hinweisen, das in den Konflikt hineinspielt. Das Stichwort hier heißt Binnennachfrage, also die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen im Innland. Wer auch nur halbwegs aufmerksam die politische Berichterstattung verfolgt, dürfte mitbekommen haben dass dieser teil der Volkswirtschaft seit Jahren daniederliegt, und man dies als Hauptgrund für das anhaltend schwache Wirtschaftswachstum ausgemacht hat. Die Leute konsumieren also zu wenig, was zum einen daran liegt das immer breitere Bevölkerungsteile weniger in der Tasche haben, und zum anderen in der Hohen Sparquote begründet ist. Ziel müsste es also sein die Sparer zum Konsumieren zu bringen und den Leuten wieder mehr Geld zu verschaffen. Genau darum geht es auch in diesem Streik, womit der Kreis sich schließt. Es geht auch um einen Stärkung der Binnennachfrage, nicht nur im Öffentlichen Dienst müssen die Löhne endlich steigen, ein guter Abschluss konnte aber ein Signal geben, damit endlich der Binnenmarkt stimuliert wird. Aus all diesen Gründen stehe ich auf der Seite der Streikenden und wünsche mir einen guten Abschluss. Die Gewerkschaft muss endlich mal wieder triumphieren.
So dies war also zur Abwechslung mal etwas Politisches, ich werde mich bemühen das Blog thematisch bunt zu gestalten und hoffe euch beim nächsten mal wieder etwas Lustiges oder zumindest leichter verdauliches zu liefern.
Bis dahin
Henning
|
Deutschland
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