Jean Calvin: Der Stalin der Reformation-Oder der Christliche Chomeini


Machen wir zur Abwechslung mal mit etwas früher Neuzeit und Reformationsgeschichte weiter. Ich gebe zu das ich die Frühe Neuzeit immer ziemlich gemieden habe und dort nur das nötigste besucht habe. Deshalb will ich an dieser Stelle lediglich auf einen spannenden Artikel von Peter Mühlbauer Verweisen. Dieser porträtiert bei Telepolis Jean Cavin anlässlich seines 500. Geburtstags unter dem wenig schmeichelhaften Titel der Stalin der Reformation.

Auch wenn historische Vergleiche naturgemäß immer mehr oder weniger schief sind, weist Mühlbauer dennoch erstaunliche Parallelen zwischen Calvins Herrschaft in Genf und den Stalinistischen Schauprozessen der 30er Jahre auf der einen, und dem Iran unter Chomeini auf der anderen Seite nach. Insbesondere diesen Zweiten Strang finde ich sehr treffend. In dem Artikel wird nämlich deutlich, das Calvin einen Christlich fundamentalistischen Gottesstaat errichtete,der in mancher Hinsicht dem Wahabismus oder der Lehre Chomeinis in nichts nach stand.Zur Illustrierung dieser These nur ein Paar Auszüge aus Mühlbauers Artikel:

Nach und nach wuchs in Genf die Liste des Verbotenen, bis schließlich auch Delikte wie die Verlockung zum Müßiggang bestraft werden konnten. Theater wurde erst nur in religiösen Varianten zugelassen, später dann ganz verweigert. Ehen zwischen Alt und Jung wurden untersagt, Frauen mit unzulässigen Kopfbedeckungen oder Frisuren eingesperrt. An Heiligen orientierte Vornamen sollten zugunsten solcher aus der Bibel verschwinden[...]


Und Weiter:

In dem von ihm errichteten Überwachungs-Gottesstaat kontrollierte ein Konsortium alle Haushalte. Eine Pflicht zum Besuch des Gottesdienstes bestand nicht nur Sonntags, sondern drei bis vier Mal wöchentlich. Für Ruhe in der Bevölkerung sorgte, dass schon respektlose Äußerungen gegenüber Klerikern als Verbrechen bestraft wurden.


Die Liste ließe sich noch Fortsetzen, so versuchte Calvin auch alle Wirtshäuser zu schließen und stattdessen Abteien einzurichten, in denen die Bürger zwangsweise mit Bibelstudium beglückt wurden.Was aber sagt uns all dies für Heute ?

Nun es zeigt zumindest, dass Konzepte einer totalitären Herrschaft der Geistlichkeit keine Erfindung der Schiiten und schon gar nicht Chomeionis sind. Viel mehr beschleicht mich bei der Lektüre das Gefühl, es stünde uns Europäern eventuell gut zu Gesicht, gegenüber dem Iran ein wenig weniger Selbstgerecht aufzutreten, schließlich haben wir das alles auch durchgemacht, wie das Beispiel Calvin demonstriert.

Allerdings gebe ich gerne Zu das eine solche Haltung aus Zweierlei Gründen genauso problematisch sein Kann wie das beharren auf Westlicher Demokratie und Menschenrechtsstandards.Erstens setzt die Einstellung nach dem Motte "Lass die das mal erleiden,die sind halt noch nicht so weit", die Arabisch-Muslimische Welt gegenüber der westlichen Welt zurück. Zweitens bildet eine solche Denke Diktaturen eine wunderbare Rechtfertigung Menschenrechte mit Verweis auf angeblich abweichende Traditionen zu verweigern.Deshalb muss letztlich überall die Universalität von Menschenrechten durchgekämpft werden, Calvin hin Calvin her.
Henning |

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