Sonntag, 7. März 2010
Pro und Contra Kulturflatrate
Seit Über 10 Jahren gibt es P2P Tauschbörsen. Angefangen hatte alles mit Napster , dann kam irgendwann das erste dezentrale Netzwerk namens Gnuetella der nächste Hype hieß Edonkey bzw. Emule,später etablierte sich Bittorrent und heute haben viele Angst vor Entdeckung und weichen auf das Usnet oder Filehoster wie Rapidshare aus.Kurz und Gut die Szene ist kreativ und hat sich trotz juristischer Verfolgung und einer Halbierung der Downloads in den letzten Jahren als letztlich unausrottbar erwiesen.
Die Industrie antwortet auf die Szene mit der Forderung User nach 3 Urheberrechtsverstößen vom Netz auszuschließen, oder will das Internet via Deep Packet Inspection ausleuchten. Der Kampf zwischen Industrie und Szene tobt also und schreckt auch vor rechtsstaatlich fragwürdigen Mitteln nicht zurück. Es scheint so als gebe es keinen Ausweg aus diesem Teufelskreis doch dem ist nicht so. Es gibt Alternativen, und die wahrscheinlich schillerndste ist die Idee der Kulturflatrate, als neuartiges Vergütungsmodell im digitalen Zeitalter.
Dieser Ansatz verzichtet auf Repression und akzeptiert zunächst mal P2P als Erscheinungsform der Informationsgesellschaft. Statt die Filesharer Juristisch zu verfolgen soll eine Pauschale auf Internetanschlüsse erhoben werden, deren Einnahmen dann nach einem noch zu entwickelnden Schlüssel an die Industrie ausgeschüttet werden sollen, um so die durch P2P entstehenden Einnahmeverluste auszugleichen. So konnte die Hatz auf Millionen Datentauscher beendet und ein Ausgleich mit der Industrie gefunden werden, so zumindest die Utopie, die auch ich sehr Charmant finde.
In der Praxis aber ist das ganze sehr Kompliziert. Es wäre alleine schon ein sehr großer Aufwand zu messen was im Netz getauscht wird. Diese Daten sind aber unumgänglich um zu ermitteln wer wie vergütet wird. Außerdem sehe ich einen Widerspruch zur Datenschutzdebatte. Zehntausende Internetaktivisten und Bürgerrechtler kämpfen zurecht gegen Vorratsdatenspeicherung und Überwachungsstaat. Die selben Leute finden es dann aber Super wenn eine wie auch immer im Detail ausgestaltet Superbehörde ihren Download traffic protokolliert? Das ist doch paradox oder ?
Hinzu kommt das sich statistisch nur etwa 10% aller Internetuser am Datentausch beteiligen.. Hier sollen also 90% Die Praxis von 10% über eine Abgabe finanzieren. Das alleine ist zwar kein Argument, schließlich gibt es auch andere Kollektiv Systeme, wo Mehrheiten die Kosten von Minderheiten bezahlen, ich denke hier zum Beispiel an die Kosten die der Krankenversicherung durch Sportunfälle entstehen, jedoch müssen solche Solidarausgleiche stets sehr gut begründet und erkämpft werden. Ich bin ausgesprochen skeptisch ob das bei der Mediennutzung im Internet gelingen kann. Die Industrie und der Gesetzgeber sowie das Rechtsempfinden der Gesellschaft erscheinen mir einfach zu unbeweglich um diese schöne Utopie zu verwirklichen.
Dennoch läuft die Debatte zumindest in Österreich ganz munter. Auf Einladung des ORF kam es kürzlich in Wien zum ersten Musikwirtschaftsdialog zum Thema Kulturflatrate.Über vor und Nachteile des Modells debattierten:
Der Soziologe und Internetaktivist Volker Grasmuck Und der Geschäftsführer des Bundesverbandes der Musikindustrie in Deutschland (BVMI), Stefan Michalk
Hier gibt es die Debatte zum Downloaden und Nachhören
via Netzpolitik.org
Ich sehe das ganze auch eher kritisch, und zwar auf mehreren Ebenen:
AntwortenLöschenGanz praktisch hast du natürlich damit Recht, dass die Verteilung des Geldes problematisch wird. Ganz ehrlich, so lange sich die Gema nicht einmal mit Google über einen finanziellen Ausgleich für Musikvideos auf Youtube einigen kann, brauchen wir über eine Kulturflatrate nicht einmal nachzudenken.
Zum anderen stößt man mit dem Eingeständnis, dass man gegen Filesharing nichts tun kann, an ein theoretisches Problem. Das einzelne Produkt wird nämlich entwertet, wenn man pauschal für das Recht alles herunterzuladen, bezahlt. Eine Mozart Oper hat in diesem Modell den gleichen Wert wie ein Song der neusten RTL Castingband, eine Tragödie von Shakespeare hat den gleichen Wert wie der Film Shopaholic. Ganz unabhängig davon, ob man nun pseudoobjektive Qualitätsmaßstäbe an Kultur ansetzt, oder nicht, ist jedes Kulturobjekt an sich jedoch individuell und eine Flatrate sehe ich hier als äußerst problematisch.